Eugen Biser: Der Mensch im Horizont Gottes Hrsg. Von Peter Jentzmik |
Der emeritierte Münchener Religionsphilosoph Eugen Biser, zu dessen 90. Ge-burtstag das vorliegende kleine feine Buch erschien, versammelt Beiträge des Altmeisters, die einerseits theologische Grundideen seines Denkens in magistraler Weise repräsentieren und sie andererseits anthropologisch wenden und in den Horizont der Gegenwart stellen. Insofern ergänzt es als Gegenstück jenes Büchlein, das Gott im Horizont des Menschen reflektierte und in dieser Zeitschrift (2003) besprochen wurde. Die innere Zuordnung kommt in derselben verlegerischen Aufmachung, nun im Schuber, auch äußerlich zum Ausdruck. Die einzelnen Beiträge stehen in sich, lassen aber auch deutlich einen roten Faden erkennen, der mit einer anthropologischen Synthese einsetzt. Hierbei geht es Biser um eine Art „Modal-Anthropologie mit dem Ziel der Gotteskindschaft“, die den Menschen instand setzen soll, einen „besseren Gebrauch von sich und seinen Möglichkeiten“ zu machen (S. 29). Auf diesem Hintergrund setzt er sich des weiteren mit der Orientierungsfrage der Gegenwart auseinander und plädiert angesichts der Fortschrittsmodelle der Geschichte, aber auch der freiheitlichen deutschen Wende von 1989 dafür, Gott als Creator und als „Genitor“ der Geschichte zu verstehen. Da die Orientierungsfrage zeitdiagnostisch auch mit der Fähigkeit zu glauben verbunden ist, reflektiert Biser einerseits über den Unglauben der Zeit, dessen Wurzel er in der „Verschattung des Gottesverhältnisses durch die Angst“ (S. 56) sieht, und andererseits über den Weg zum Glauben, der durch die Selbstevidenz der Liebe Christi möglich werde, wie denn überhaupt die christliche Offenbarung eine Art Liebeserklärung Gottes an die Menschheit sei. Was die Stunde geschlagen hat, macht er an der „Stunde der Neuen Theologie“ deutlich, deren Neuheit darin besteht, das in Jesus sichtbare „menschliche Antlitz Gottes“ (S. 87) als Mitte des Christentums aufleuchten zu las-sen. Daher geht er auch im Anschluss an die paulinische Entäußerung dem mysti-schen Motiv der einzuübenden „Einwohnung“ Christi (vgl. Eph 2,17) nach und sieht das Ziel des neutestamentlichen Sprachgeschehens im Sinn seiner „Christologie von innen“ nicht in der Aussage über Jesus, sondern in der Selbstaussage Jesu. Dessen Wahrheit zeichne sich dadurch aus, dass sie nicht nur erleuchte, sondern auch befreie, bis hin zur Annahme der Gotteskindschaft, die alle Sinnfragen beantworte. Dafür wiederum bedürfe es des Zuspruchs des Geistes, der als Geist der Kindschaft in den Glaubenden wirkt. Der Kreis schließt sich mit einer Reflexion über den Frieden in der Welt, der nur synergetisch von den Weltreligionen zu bewältigen sei. Damit knüpft er an das Postulat des Friedenswillens an, an den er schon im ersten Aufsatz die Besserung und Entbindung der Potentiale knüpfte. Alle Beiträge folgen dem unverkennbaren Duktus des Biserschen Denkstils, der geistesgeschichtlich gut vernetzt und von der Antike über die Neuzeit bis in die Gegenwart Philosophen wie Platon und Nietzsche, Theologen wie Cusanus, aber auch die mo-derne Exegese, Literaten und Künstler aufruft. Immer geht es um Verinnerlichung des Christentums, als dessen Kronzeuge ihm Kierkegaard dient. Dabei dient die interdisziplinären Vernetzung einer Zeitdiagnose aus den Quellen des christlichen Glaubens und einem christlichen Neuansatz im Kontext einer Zeit, die von Terrorismus und Atheismus gekennzeichnet ist. Wache Zeitgenossinnen und Zeitgenossen werden viel Einsicht aus den Beiträgen des Büchleins gewinnen können, dessen sorgfältige Edition hervorzuheben ist.
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